Inge Meyer-Dietrich
Schriftstellerin

Eisengarn ••

Roman

1938. Trotz der politischen Verhältnisse in Deutschland hält die Näherin Mimi an ihren Träumen fest. Immer noch sind die Folgen des Ersten Weltkriegs spürbar, aus dem Mimis Mann völlig verändert zurückgekehrt ist. Da beginnt der neue Weltkrieg und macht auch vor Mimis Kindern nicht halt. Ihr Sohn wird als Soldat eingezogen. Und auch ihre Töchter sind in Gefahr. Die eine als Rotkreuzschwester in Russland. Die andere beim Reichsarbeitsdienst in einer Munitionsfabrik. Wie erträgt eine Mutter so viel Angst und Schmerz? Mimis Zähigkeit und Überlebenswille, ihr Einfallsreichtum und die Bereitschaft zu kämpfen, im Krieg wie in der Nachkriegszeit, stehen beispielhaft für unzählige Ruhrgebietsfrauen, deren Namen in keinem Geschichtsbuch zu finden sind.

2017 Verlag Henselowsky Boschmann, Bottrop
ISBN 978-3-942094-70-2
Hardcover, 224 Seiten
Ladenpreis € 9,90
für Erwachsene

Leseprobe

Ob er doch noch wahr werden kann, der alte Traum vom Modesalon? Endlich wahr?!
Mimi ist fest entschlossen, mit dem raffgierigen Zährer fertigzuwerden. Also sitzen sie und Meta ein paar Tage später erneut bei ihm. Diesmal lernen sie einen freundlichen Vermieter kennen. Er bietet ihnen sogar Kaffee an. "Oh." Mimi setzt ihre Tasse ab. "Der ist aber stark." "Hä?" Zährer guckt misstrauisch. "Das hat Ihnen sicher noch keiner gesagt." Meta grinst schon fast unverschämt. "Jetzt aber schnell zum Geschäftlichen. Wir haben genauso wenig Zeit wie Sie." Mimi kann sich ein Grinsen gerade noch verkneifen. Wie sie schon vorausgesehen hat, versucht Zährer es wieder mit einer höheren Miete, wenn auch nicht ganz so dreist wie vergangene Woche. Mimi schüttelt den Kopf. "Nein", sagt sie entschieden und schiebt sich langsam mit dem Stuhl zurück, als wollte sie aufstehen und gehen. Dabei lässt sie Zährer nicht aus den Augen. "Ein drittes Mal", setzt Meta mit fester Stimme nach, "kommen wir bestimmt nicht hierher." "Schon gut", gibt Zährer klein bei. "Aber vielleicht ..."
"Unser allerletzter Vorschlag", unterbricht ihn Mimi. "Wir renovieren den Raum und streichen zusätzlich Flur und Treppe. Mehr ist nicht drin. Die Miete bleibt wie sie ist." Zährer verzieht das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen. "Also dann, von mir aus", knurrt er schließlich. Als Mimi und Meta sich verabschieden, haben sie den Mietvertrag in der Tasche. Genauso, wie sie ihn haben wollten. Kaum sind sie draußen, sagt Meta im Tonfall von Mimi: "Oh. Der ist aber stark." "Hä?", grunzt Mimi. Und dann lachen die beiden wie neulich im Café. Lachen, erst noch verhalten, dann immer lauter. Lachen, bis ihnen die Tränen kommen und wildfremde Passanten stehen bleiben und mitlachen, obwohl sie keine Ahnung haben, worum es überhaupt geht.

Besprechungen


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